Jahresbrief 2020

Von | 4. Januar 2021

Evangelischer Initiativkreis Bildung + Erziehung Bayern – Sprecherkreis

Landsberg/München, im Dezember 2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde!

Eine bemerkenswerte Wochenbett-Szene ist dem Bildschnitzer aus dem Maas-Gebiet um 1380 gelungen.  Nichts zu bemerken von einer nachgeburt- lichen Erschöpfung. Im Gegenteil. Aufrecht sitzend, von Kissen gestützt präsentiert Maria ihren Sohn. Überraschend stehend und selbstbewusst, zeigt sich auch ihr Sohn bei seinen ersten Schritten in die Welt. Er benötigt nicht mal das Kugelkreuz in seiner Hand. Jedoch – ein wenig Halt an seiner Mutter sucht er noch – er ist ja Mensch. Welche Geschichte will der unbekannte Schnitzer damit wohl erzählen? Er lässt Maria ihr Kind nicht stillen, nicht anbeten – sie gibt es frei, von Anbeginn. Ganz ohne Glanz und Gloria, ganz Mensch, beginnt das Jesuskind seinen Lebens- und Leidensweg. Gelassene Zuversicht strahlen Mutter und Sohn aus. Gleich was geschehen wird, Gott würdigt uns Menschen unglaublicher Weise mit seiner menschlichen Gegenwart. Darauf ließe sich aufbauen. Daraus könnte sich eine tragfähige Grundlage für glaubensvolle Gelassenheit und Zuversicht entwickeln – trotz allem!

Unser E.I.B.E.-Jahr 2020

Erinnern Sie sich? Die Bundeskanzlerin begann ihre Neujahrsansprache mit den Sätzen: Wir stehen „nicht nur am Beginn eines neuen Jahres, sondern auch eines neuen Jahrzehnts. Ich bin überzeugt: Wir haben gute Gründe, zuversichtlich zu sein, dass die in wenigen Stunden beginnenden 20er Jahre des 21. Jahrhunderts gute Jahre werden können“. Zwischen diesen optimistischen Sätzen und heute scheinen Welten zu liegen – und es sind gerade elf Monate – und eine Pandemie, der wir ausgeliefert sind. Und wenn auch Hoffnungszeichen zu erkennen sind, die wirtschaftlichen Folgen, die vielen durch Covid-19 Verarmten und, vor allem, die Tausenden von Toten werden uns und unsere Gesellschaft noch lange vor der Hybris des unaufhaltsamen „Höher, Weiter, Mehr“ warnen, und sie erinnern uns daran, dass unser Glaube neben dem trauten Advent der Einstimmung auf Weihnachten noch von einem zweiten Advent weiß. – –

Auch auf das Jahr des E.I.B.E. warf die Pandemie schwere Schatten. Kurz vor ihrem Ausbruch konnten wir am 17.Februar noch unsere Plenumssitzung im Landeskirchen­amt abhalten. KVD Matthias Tilgner berichtete über aktuelle Fragen des Religions­unterrichtes in Bayern. Er nannte als eine Schwerpunktaufgabe die Verbesserung der Religionslehrerausbildung, speziell den Ausbau der Studienbegleitung angesichts der Tatsache, dass viele Studierende nicht mehr kirchennah sind. Versuchsweise soll in Erlangen ein Vocatio-Seminar durchgeführt werden. Ferner sollen die berufliche Be­gleitung der Religionslehrkräfte und die kollegialen Kontaktangebote verstärkt werden. Das Hauptthema der Sitzung bildete das von einer katholisch-evangelischen Arbeits­gruppe entwickelte Konzept eines „Konfessionellen Religionsunterrichtes mit erwei­terter Kooperation“ für Grund- und Mittelschulen in extremen Diasporagebieten. Dort sollen Schüler und Schülerinnen der Minderheitskonfession den Unterricht der Mehrheitskonfession besuchen, doch soll bis zu 12 Stunden im Jahr die Lehrkraft der konfessionellen Minderheit den Unterricht der gesamten Klasse übernehmen, um den Jugendlichen wenigstens eine kurze Begegnung mit einem Vertreter und Lerninhalten auch der eigenen Konfession zu ermöglichen – ein Religionsmodell, das allerdings durch die coronabedingte Schulsituation bereits wieder in Frage gestellt wird.

Die zweite Jahres-Sitzung sollte im Juli stattfinden. Die Direktorin des ISB, Frau Dr. Karin Oechslein, hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, uns im Staatsinstitut über dessen aktuelle Arbeit und über allgemeine Entwicklungen in der Schulpädagogik zu informieren. Leider ist die Veranstaltung der Pandemie zum Opfer gefallen. Ebenfalls gestrichen werden musste unser turnusmäßig wechselnder Kontakt mit den im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien.

Covid-19 verhinderte ab dem Juli auch Treffen des Sprecherkreises. Die Beratungen und Absprachen fanden nur über viele Mails und Telefongespräche statt. Dabei bewährte sich einmal mehr das herzliche Einvernehmen zwischen den drei Sprechern. Gleiches galt für die Arbeitskreise im E.I.B.E. Sie befassen sich im „Home-Office“ mit aktuellen Herausforderungen an Bildung und Erziehung, die sich durch Covid-19 noch verschär­fen, aber in der allgemeinen Diskussion zu wenig Beachtung finden.

Eine erste Herausforderung betrifft die Bildungsdiskussion. Sie hat sich unter dem Ein­fluss der Pandemie weithin verengt auf den Ausbau bzw. Finanzierung der digitalen Vermittlungswege von Lerninhalten. Der Arbeitskreis Kirche und Schule im E.I.B.E. geht mit dem Projekt „Bildung heißt Aufbrechen“ den maßgeblichen Dimensionen des Bildungsprozesses nach, untersucht die in unserer Gesellschaft derzeit dominie­renden Imaginative und skizziert Wege und Hilfsangebote zu einer zukunftsorien­tierten Bildung.

Eine zweite Herausforderung betrifft den Stellenwert des Religionsunterrichtes in der Schule unter den Bedingungen von Covid-19. Angesichts der erforderlichen Unter­richtseinschränkungen wurde der Religions-unterricht von verschiedener Seite als nicht „systemrelevant“ eingestuft und zu­gunsten der sogenannten Hauptfächer ausgesetzt. Namhafte Religionspädagogen haben daraufhin Thesen veröffentlicht, in de­nen sie mit wichtigen Argumenten Bildungspolitiker und Schulträger darauf hin­wei­sen, dass der Religionsunterricht gerade in der Zeit der Pandemie unverzichtbar ist (https://doi.org/10.1515/zpt-2020-9090).

Nicht weniger wichtig ist in diesen Monaten, den Kontakt zu den Eltern zu halten. Hierfür erstellten Dietlinde Kunad, Helga Lormes und Helmut Anselm in Koope­ration mit Mitgliedern des E.I.B.E-Arbeitskreises Kirche und Schule zwölf Briefe an Eltern von Schülerinnen und Schülern weiterführender Schulen. In den Briefen werden Ziele und Aufgaben des Religionsunterrichtes aufgezeigt, konkrete Fragen zum Unter­richt erörtert und Themen religiöser Erziehung aufgegriffen. Dabei kommen auch aktuelle Probleme zur Sprache: die angesichts der Pandemie neu aufgebrochenen Forderungen nach Abschaffung des konfessionellen Religionsunter­richtes, aber auch die Ängste Jugendlicher angesichts der unsicheren Zukunft. Wir freuen uns, dass unser Elternbrief „Bildung und Religion gehören zusammen“ in die im September erschienene Festschrift für Prof. Dr.Dr.h.c. Rainer Lachmann aufgenommen wurde.

Wir schicken Ihnen und Euch die Elternbriefe auf diesem Weg als Vorabdruck zu. Wir wünschen uns eine möglichst große Verbreitung. Gerne senden wir Euch bzw. Ihnen dazu weitere Exemplare zu.

Die Broschüre soll unser „Jahresendgruß“ sein und ein Zeichen unserer Verbundenheit im E.I.B.E., auch in Zeiten der Kontakteinschränkungen. Zugleich wünschen wir Ihnen und Euch allen ein frohes, besinnliches Weihnachtsfest und ein von Gott behütetes Jahr 2021.

Tilman Seng, Helmut Anselm, Richard Schwemer

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